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Nürnberger Nachrichten - 7.7.2000
Arbeitskreis Resozialisierung der Stadtmission sucht ehrenamtliche Helfer
zur Betreuung von Strafgefangenen
Eine Brücke zwischen "Drinnen" und "Draußen" bauen
Neuer Grundkurs beginnt im Herbst - Häftlinge müssen oft lange auf
die Gesprächspartner warten - Hilfe nach der Entlassung
VON KARIN WINKLER
Acht Jahre lang hat Peter als Laienrichter geurteilt. "Vielleicht manchmal
schnell oder zu schnell", wie er selbst glaubt. Und dann kam der Punkt,
wo er wissen wollte: "Wie geht es jetzt weiter mit dem Verurteilten und
warum ist er eigentlich auf die schiefe Bahn geraten?" Über die Innere
Mission erfuhr Peter vom Arbeitskreis Resozialisierung in der Stadtmission.
Seit fünfeinhalb Jahren engagiert er sich dort als ehrenamtlicher
Mitarbeiter. Er besucht Strafgefangene in der Haft, begleitet sie beim
Ausgang oder hilft ihnen nach der Entlassung, wieder Fuß zu fassen.
"Die persönlichen Pleiten ziehen sich meist wie ein roter Faden durch
das Leben der Häftlinge. Die Leute stammen aus zerrütteten
Verhältnissen, haben Alkohol- oder Drogenprobleme, kämpfen mit
Arbeitslosigkeit oder Scheidung und haben fast alle hohe Schulden", berichtet
der Betreuer.
"An der Pforte entmündigt"
Und frei nach dem bösen Spruch "Einmal Knasti, immer Knasti" landen die
meisten tatsächlich immer wieder hinter Gittern. Christiane, die sich
seit drei Jahren im Reso-Kreis engagiert, wundert das nicht: "Die Leute werden
verurteilt und quasi an der Gefängnispforte entmündigt. Drinnen
wird für alles gesorgt, sie werden geweckt, verköstigt,
beschäftigt, sie müssen keinerlei Verantwortung für sich und
ihren Alltag übernehmen."
Nach der Entlassung kommen die meisten mit dem Leben draußen nicht
mehr zurecht. Sie stoßen überall auf Ablehnung, wenn ihr Vorleben
bekannt wird: Keine Arbeit, keine Wohnung; keine Wohnung, keine Arbeit - und
damit kein Geld. Dieser Teufelskreis zwingt viele wieder in die
Kriminalität.
"Mir ist erst durch meine ehrenamtliche Arbeit bewusst geworden, wie
unsinnig das Denken in der Gesellschaft ist. Einfach jemanden in das
Gefängnis schmeißen und hoffen, dass er nach einer gewissen Zeit
automatisch als anderer Mensch wieder herauskommt. Das kann nicht gut gehen",
meint Christiane. Seit sie Häftlinge regelmäßig im
Gefängnis besucht, kennt sie deren Traumwelten genau. "Die leben dort
wie auf einer Insel mit eigenen Gesetzen und vielen Halbwahrheiten. Die
wissen wirklich nicht, wie es im Leben draußen zugeht und schätzen
ihre eigenen Möglichkeiten falsch ein", meint die engagierte Frau. Eine
Brücke zwischen "Drinnen" und "Draußen" bauen - so sehen die
meisten Betreuer ihren Dienst.
Die Ehrenamtlichen vom Reso-Kreis sind gefragte Gesprächspartner für
die Inhaftierten. Manche bekommen keinen Besuch, weil die Familie jeden Kontakt
abgebrochen hat. Sie freuen sich, wenn sie überhaupt jemanden zum Reden
oder Zuhören finden. Andere haben Probleme und bitten um konkrete
Unterstützung, etwa bei Behördenangelegenheiten, bei der
Schuldenregulierung oder bei familiären Schwierigkeiten. Nach der
Entlassung werden die Ehrenamtlichen zu einem "Anker": "Den Leuten gibt es
ein Gefühl von Sicherheit zu wissen, da ist jemand da, an den sie sich bei
einem Problem wenden können", sagt Peter.
Entsprechend groß ist die Nachfrage nach ehrenamtlichen Mitarbeitern.
Häftlinge müssen oft monatelang warten, bis ihrer Bitte nach
Kontakt entsprochen werden kann. Um neue ehrenamtliche Helfer zu gewinnen,
bietet der Arbeitskreis Resozialisierung im September wieder eine intensive
Grundausbildung an. Doch auch danach werden die Helfer nicht allein gelassen.
Jeden Monat findet einmal ein Treffen mit den anderen Helfern und
hauptamtlichen Mitarbeitern statt, bei dem Hilfestellungen und Tipps gegeben
werden. Fortbildungsveranstaltungen finden ebenfalls regelmäßig
statt. ...
Ängste oder Vorbehalte kennen die meisten Betreuer nicht. "Wenn ich
feststelle, dass sich kein Vertrauensverhältnis aufbauen lässt oder
ich persönlich Schwierigkeiten mit dem Delikt des Verurteilten habe, kann
ich jederzeit ablehnen", meint Christiane. Und Marianne, seit über 20
Jahren beim Reso-Kreis aktiv, fügt an: "Ich habe in all den Jahren nie
schlechte Erfahrungen gemacht, obwohl ich vielen sogar meine Adresse und
Telefonnummer gegeben habe."
Wer Interesse an der Arbeit mit Straffälligen hat, kann sich für
weitere Informationen an den Arbeitskreis Resozialisierung, Kraußstr. 5,
90443 Nürnberg, Telefon (0911) 208557 wenden.
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